Bliaud Teil II: Erneute Recherche

Recherche für ein neues Bliaut

Für meine Mittelalterdarstellung möchte ich mir schon seit einiger Zeit ein Bliaut nähen. Da ist doch der kommende Winter die perfekte Zeit dafür ;)
Wenn ich ein neues Kleidungsstück in Angriff nehme arbeite ich meist mit verschiedenen Quellen um mir ein Bild davon zu machen.
Je nach dem wie aufwendig ein Kleidungstück werden soll, fällt auch meine Recherche aufwendiger aus. Ich arbeite gerne mit Moodboards die auch die verschiedenen Details des Kleidungsstücks zeigen.
Mein Bliaut soll, wie es auch noch im ausgehnden 12. Jahrundert ab und zu der Fall war, nur bis mitte Unterschenkel reichen und darunter die Cotte sichtbar lassen. Über die genaue Form und Länge des Ärmels bin ich mir noch nicht ganz im klaren. Ich möchte den vorderen Teil des Ärmels lang und schmal halten, werde aber die genaue Form mithilfe einer Moulure bestimmen.
Der Ausschnitt soll ein V-ausschnitt werden. Der Saum, der Ärmelsaum und der Halsauschnitt möchte ich mit Besätzen versehen, teils besticken und teils eine schmale Brettchenborte applizieren.
Das Muster für die Borte möchte ich selber zeichnen, nur tue ich mich schwer mit dem Zeichnen von Köperborten. Der Oberstoff des Bliaut wird ein waidblauer leichter Wollköper sein, das Futter und die Besätze sind Krapprot. Die Stoffe haben wir mit unserer Gruppe an einem wunderbaren Färberwochenende mit Hilfe von Stefan Fankhauser von der Schönfärberey gefärbt.





Ursprünglich sollte mein neues Bliaut ja grün und Überlang werden wie in diesem alten Post beschrieben aber die Vorlieben ändern sich ;)

Hospitaliter Kitguide

Ausschnitt aus unserem Hospitaliter Kitguide

Zusammen mit meinem Mann bin ich in der Comthurey Alpinum, einem Mittelalterverein der ein Hospitaliterheerlager mit weltlichem Gefolge darstellt. Im Laufe der Jahre wurde die Darstellung kontinuierlich weiterentwickelt. Im Winter haben wir nun sämtliche uns vorliegenden Quellen neu ausgewertet und die Darstellung der Hospitaliter von Grund auf neu recherchiert. Daraus entstand ein Kitguide für die Hospitaliter-Darstellung um 1180 n.Chr.

Mein Part bestand vor Allem darin die Bekleidungen hinsichtlich der historischen Schnitte und Stoffe zu beurteilen. Mein Mann Daniel layoutete den Kitguide und erstelte die Illustrationen.

Bis jetzt wurde für die Hospitaliterdarstellung meistens auf die bekannten Osprey-Bücher referenziert. Aufgrund unserer Recherchen haben wir aber abweichende Schlüsse gezogen. Die wichtigste Neuerung ist das Tragen der Cotte. Das heisst, jeder Bruder trägt über seinem Untergewand (Chemise) eine Cotte aus leichter dunkler Wolle. Dies ist das normale Gewand des Bruders. Die Cotte ziert auch nicht das typische Hospitaliterkreuz, denn dieses wird laut den Ordensregeln nur auf der Cappa und dem Mantel getragen , also auf der Überbekleidung.

Hier ein Auszug aus der Einleitung des Kitguides:

Gibt es die «Kutte» als dritte Kleidungsschicht? Keines der in den Originalquellen der Hospitaliter erwähnten Kleidungsstücke kann eindeutig als «Kutte» identifiziert werden; die Kutte der Mönche wird in der Regel Cuculla (Kukulle) genannt. Im 12. Jahrhundert wurden mit diesem Begriff jedoch verschiedene Varianten von Überkleidern und Überwürfen mit Kapuzen bezeichnet. Grundsätzlich wurden die Kleider nicht nach ihrer Gestalt, sondern nach ihrer Funktion benannt.

In den Originalquellen findet sich die Cappa, die wie der Mantel mit einem Kreuz versehen war. Die Bezeichnung Cappa wurde einerseits für einen ärmellosen Überwurf mit Kapuze verwendet, andererseits findet sich in literarischen Quellen immer wieder Hinweise auf Cappen mit Ärmeln. Es könnte sich also hier um ein kuttenartiges Gewand handeln. Welche Form bei den Hospitalitern gebräuchlich war können wir aus den Quellen nicht herauslesen, ebensowenig, ob dies überhaupt ein normiertes Kleidungsstück war.

Wer sich für den Kitguide interessiert, darf sich gerne melden, dann schick ich ihm das PDF zu.

Hier noch einige der verwendeten Quellen:
Jonathan Riley-Smith
The Knights of St. John in Jerusalem and Cyp- rus c. 1050–1310
Jospeh Delaville Le Roulx (Hrsg.)
Cartulaire général de l’ordre des hospitaliers de Saint Jean de Jérusalem 1100–1310
Ernst Staehle
Die Hospitaliter im Königreich Jerusalem. Geschichte der Johanniter und Malteser Band I
A.Nieden
Kapuzenstreit der Cluniazenser
H. Kühnel
Bildwörterbuch des Mittelalters
E. Brüggen
Kleidung und Mode in der höfischen Epik des 12. und 13. Jh
Wolfram von Eschenbach
Parzifal
Thomasin von Zerclaere
Der Wälsche Gast
Katrin Kania
Kleidung im Mittelalter
Robin Netherton & Gale R. Owen-Crocker
Medieval Clothing and Textiles Band 1

Frauen im 12. Jahrhundert

Georges Duby, Frauen im 12. Jahrhundert


Heute habe ich das Buch "Frauen im 12. Jahrhundert" von Georges Duby, fertig gelesen und möchte es hier kurz vorstellen.
Es ist das letzte Buch des bekannten französischen Mediävisten und ist im deutschen Sprachraum leider vergriffen. Das Buch besteht aus drei Teilen die zum Teil einzeln jedoch noch erhältlich sind.
Teil I: Héloïse, Isolde und Andere, Teil II: Mütter, Witwen, Konkubinen, Teil III: Eva und die Prediger.

Duby versucht in seinem Werk, den Blick auf die Frau im 12. Jahrhundert zu schärfen und diesen in Texten nur schemenhaft vorkommenden Wesen ein Gesicht zu geben. Dabei behandelt er die Damen an den Französischen Höfen, da sie wenigstens ab und zu schriftlich erwähnt werden.
Anhand von vielen verschiedenen schriftlichen Quellen, die er auch untereinander vergleicht, versucht er ein Bild der Frauen im 12. Jahrhundert aufzuzeigen. Dies gelingt ihm jedoch nicht ganz. Die Gestalten der Frauen, ihre Gedanken und Wünsche bleiben schemenhaft in der von Männern dominierten Welt des 12. Jahrhunderts.


Duby schreibt in seinem Schlusswort:
"Ich wusste wohl, dass ich von ihrem Gesicht, ihren Gesten, von ihrer Art zu Tanzen oder zu Lachen nichts zu sehen bekommen würde ... Ich habe nur flüchtige, verschwommene, ungreifbare Schatten erblickt. Keines ihrer Worte ist auf direktem Weg bis zu mir vorgedrungen. Alle Reden die ihnen damals in den Mund gelegt wurden, stammen von Männern. ... Doch unter dem Schleier der männlichen Autorität und innerhalb der Grenzen die diese Autorität ihnen zugewiesen hat ... kann ich sie immerhin ahnen."

Im ersten Teil versucht Duby die Züge einiger Frauengestalten freizulegen. Er stellt dem Leser Damen vor wie Héloïse, Eleonore aber auch Maria Magdalena, wie sie zu dieser Zeit gesehen wurde.
Im zweiten Teil befasst er sich mit der Rolle der Frau in der Ehe und zeigt auf wie sie als Gattinnen der Herren ihr Leben führten.
Im dritten Teil geht es um die Sünde der Frau, die Notwendigkeit das gefährdete weibliche Geschlecht zu leiten und wie Frauen damals behandelt wurden.

Obwohl Duby uns nicht das deutliche Bild vorzeigen kann das wir uns wünschen, ist es für mich ein sehr lesenswertes Buch. Der Leser erfährt trotzdem viel über die Frauen zu jener Zeit. Über ihren Stellenwert und ihr Idealbild, aber auch ihre Macht und ihre Stärke. Darüber hinaus erfährt der Leser viel über das gesellschaftliche Gedankengut dieser Zeit. Das Buch ist spannend geschrieben und liesst sich flüssig.

Georges Duby,
Frauen im 12. Jahrhundert,
Fischer Taschenbuchverlag GmbH,
Frankfurt am Main, Deutsche Übersetzung Oktober 1999
ISBN: 3-596-14437-x

Beinlinge mit Fussteil Teil 1: Recherche und Schnittmuster

Bildrecherche für Beinlinge um 1180

Mein Mann möchte Beinlinge mit angesetztem Fussteil haben.
Also hab ich mich hingesetzt die Quellenlage studiert und ein Schnittmuster gezeichnet.

Als Grundlage für das Schnittmuster habe ich den Fund vom Bockstensman (nach Nockert/ wahrscheinlich 14. Jahrhundert) sowie die Beinlinge des Erzbischofs vom Bremen (z.B: Kania S.391/ 1. Hälfte 13. Jh.) genommen.
Beide Funde sind leider nach 1200. Den zahlreichen Handschriften nach hat sich die Form der Beinlinge bis auf die Weite, jedoch nicht gross verändert.
Zudem habe ich den Schnitt noch mit der Schnittzeichnung aus Sarahs Thursfield's "The medieval tailor's assistent" verglichen und leicht abgeändert.

Da ich mir nicht sicher war ob meine Schnittkonstruktion funktioniert, habe ich erst eine Moulure erstellt und meinen Mann anprobieren lassen. Das Fussteil musste ich durch abformen relativ stark abändern, so dass die Ähnlichkeit zu den Funden nicht mehr so gegeben ist.
Was beweist das mein Mann total unautenthische Füsse hat.

Zuschnitt der Beinlinge im schrägen Fadenlauf

Die Beinlinge habe ich im Schrägen Fadenlauf zugeschnitten. Der obere Saum ist mit einem ausgezogenen Schrägband verstärkt, da dieser durch das annesteln an der Bruche stark beansprucht wird.

Bliaud Teil I: Recherche

Bildbeispiele für meine Recherche über Bliauds

Für das Sommerlager unserer Gruppe möchte ich mir ein neues Bliaud nähen. Schliesslich braucht Frau bei einem einwöchigen Lager mehr als 2 Kleider.
Oder ich zumindest. Die Erfahrungen haben mich gelehrt das, bei schlechtem Wetter, aus "nass" nicht so schnell wieder "trocken" wird.

Mein neues Bliaud soll grün werden, einen mit Borten oder Stickerei verzierten Ausschnitt und Ärmelsaum haben, und es soll einer Illumination nachempfunden sein. Aus diesem Grund habe ich unser Bildarchiv durchforstet, alle Abbildungen von Bliauds zusammengetragen und zeitlich und Regional geordnet. Nun habe ich mehr als 30 Abbildungen. Das sollte als Grundlage vorerst reichen.

Den Stoff habe ich auch schon bestellt bei Historiskarum in Schweden.
Der hat auch wunderschöne Brokatstoffe, aber leider übersteigen die Preise mein Budget ein kleines Bisschen.
Als nächstes werde ich wohl eine Bortenstudie fürs 12. Jahrhundert machen, damit ich ausarbeiten kann wie die Verzierungen aussehen sollen.

Die Bilder vom Codex Bodmer 127 habe ich übrigens von e-codices, der virtuellen Handschriftenbibliothek der Schweiz. Eine wunderbare Seite mit sehr vielen Handschriften.